Windhoek CBD | 2021 | FORUM | CC BY-SA 4.0

Wir scheinen das Schlimmste überwunden zu haben, wer es bis hierher geschafft hat,  kann wahrscheinlich überleben. Erste neue Geschäfte und Straßenrestaurants eröffnen in der Windhoeker Independence  Avenue. Der Tourismus beginnt, sich zu erholen.  Es sieht ganz danach aus, als habe sich die Regierung überzeugen lassen, NEEEB, eine große  Bedrohung für die Wirtschaft und auch für Namibias internationales Ansehen, in seiner  jetzigen Form fahren zu lassen.  

Wann und warum begann die Rezession? 

  1. 2016 Gespräch von D abgestellter Berater im Ministerium für Handel – Namibia lebt über  seine Verhältnisse, es wird zum Crash kommen. Es wurde zuviel gebaut – meist Regierungsaufträge – zuviel gereist, zuviel verprasst, zuviele  Fehler gemacht. Es gibt ca. 100 staatseigene Betriebe und Organisationen, die fast alle von  der Regierung finanziert werden, es müssen Milliarden zugeschossen werden. 
  2. 2017/18/19. Dürre. In Windhoek gibt es einen Baustopp, weil Bauen zuviel Wasser  braucht. Damit bekommt ein wichtiger Wirtschaftszweig und Arbeitgeber einen ersten Schlag. 
  3. Die neue angolanische Regierung erschwert den Transfer großer Geldsummen ins Ausland.  Damit kommt eine wichtige Einnahmequelle für Namibia zum Erliegen, sie betrifft  Wohneigentum, den Einzelhandel – auch von Luxusgütern – und sogar Ärzte und  Privatkrankenhäuser. 
  4. Ab 2017 hält die Regierung Seminare und Konferenzen ab, um der Geschäftswelt das  geplante NEEEB Gesetz zu erläutern. Es soll den ungerecht verteilten Wohlstand, der durch  die Apartheidszeit entstanden ist, gerade rücken. Vormals privilegierte Geschäftsleute  (Begriffe erläutern) würden gezwungen werden, Anteile ihrer Betriebe, ihres Managements  usw. an vormals Benachteiligte Gruppen abzutreten. – NEEEB steht auf insgesamt 8 Säulen,  an die sich Geschäftsinhaber halten müssten. Zunächst heißt es noch, die Anteile müssten  gekauft werden, in dem letzten – und bis dato gültigen – Gesetzentwurf wird dies nicht  mehr erwähnt. Aus Angst vor NEEEB und auch dem – ausländische Investoren stark  einschränkenden – Investitionsgesetz NIPA ist die Geschäftswelt deutlich weniger zu neuen  Investitionen in ihre eigenen oder in neue Betriebe bereit. Das schadet der Wirtschaft. 
  5. Die Dürre beeinträchtigt die Landwirtschaft und Nahrungssicherheit. Die Dürrehilfe der  Regierung verschlingt Millionen, es kommt auch zu Korruption. Fleischexporte sind  reduziert. Die Milchwirtschaft ist am Boden. Dem Tourismus geht es gut, aber er verändert  sich – weg von wohlhabenden Selbstfahrern, hin zu Pauschaltourismus mit eingeschränktem  Angebot und niedrigeren Preisen.
  6. November 2019. Der Fishrot Skandal wird aufgedeckt, nach und nach kommt ans Licht,  dass ca. 9.8 Milliarden Namibia Dollar aus der Fischerei abgezweigt wurden, die ehemalige  Minister, Geschäftsleute und viele andere unter sich aufgeteilt hatten. Möglich gemacht  hatte das die isländische Firma Samherji. Die sehr lebendige, unerschrockene und  aufmerksame namibische Presse fördert alle paar Tage neue Skandale ans Licht. 
  7. Mehr und mehr Korruption wird aufgedeckt – in der Baubranche, im Gesundheitswesen, bei der Vergabe von Aufträgen für Schulspeisungen. Dazu kommt die fast ausschließliche Vergabe von Regierungsaufträgen an chinesische Baufirmen. Die können billiger arbeiten,  weil sie fast ausnahmslos von der chinesischen Regierung subventioniert werden. Auch  vormals große namibische Baufirmen müssen sich neu orientieren und Mitarbeiter  entlassen. Die ehemals für ihre kleinen Sub-kontrakt-Arbeiten berühmten Rehobother  Maler, Schreiner, Schweißer, Fliesenleger werden von den chinesischen Firmen selten  genutzt und gehen reihenweise ein. 
  8. März 2020 – Corona schlägt zu, die namibische Regierung tut, was alle Regierungen früher  oder später tun, das Land abschotten. Der Flugverkehr kommt zum Erliegen, die Grenzen zu  Nachbarstaaten werden geschlossen. Namibia erlebt einen totalen Lockdown. An Hilfen  kann die Regierung nicht viel anbieten, dies sind kleine Zuschüsse für die Ärmsten, wer als  Tourismusbetrieb registriert ist, kann eine Zuwendung beantragen, die Banken zeigen sich  großzügiger, was Anleihen und Überziehungskredite angeht. Zahlreiche Geschäfte im  Einzelhandel und im Bau müssen ihre Türen endgültig schließen, so auch viele kleinere  Betriebe, die vom Tourismus direkt abhängig sind. Dennoch muss man sagen, dass die  namibische Regierung eine ruhige Hand bewahrt und die Lage sicherlich nicht schlechter  meistert, als viele andere Länder. Außerdem wird sie in ihrer Arbeit großzügig vom  Privatsektor unterstützt. Als Beispiel – viele Einwohner Katuturas haben keinen Zugang zu  fließendem Wasser. Um die Hygiene in Corona-Zeiten gewährleisten zu können, wird gratis  Wasser per Tankwagen geliefert, die mehrere private Baufirmen mit ihren Fahrern  monatelang zur Verfügung stellen. 

Es gibt auch gute Nachrichten

  1. Namibia geht durch kleinere Höhen und viele Tiefen, aber jetzt zeigt sich auch die Resilienz,  für die wir bekannt sind. Zunehmend versuchen sich Betriebe, neu auszurichten, beispielsweise in der Nahrungsmittelproduktion. Namibisches Obst und Gemüse gibt es nun  fast überall. Plötzlich gibt es namibische Wachteln, namibische Ravioli, Fruchtsäfte und  Konserven, Marmelade und Gebäck zu kaufen. Verstärkt nimmt der Einzelhandel diese  Produkte auf, oder sie werden direkt vertrieben. Das sind auch namibische Kosmetik, Ledertaschen (auch für den Export) Whisky und Gin, feine Pralinen und Schokolade. Von  den Supermärkten ist es vor allem Superspar, der von deutsch-Namibiern geleitet wird und  namibische Produkte führt. Auch wird viel mehr Obst und Gemüse sowie Nischenprodukte  wie Brennessel und Aloe Vera produziert. Die namibischen Blaubeeren sind im Export  erfolgreich, so auch der weiße Spargel, der von einer spanischen Firma angebaut und eingemacht exportiert wird. Exporte namibischer Tafeltrauben bringen im vergangenen Jahr  N$ 840 Millionen ein, 33 Millionen Kilogramm Weintrauben werden zuletzt ausgeführt, man  kann sie auch bei Edeka kaufen.
  2. Rolle des Namibia Agronomic Board – Vorsichtige Kontrolle der Einfuhren unverarbeiteter  Gemüse- und Obstsorten. 
  3. Rolle des Handelsministeriums – Infant Industry Protection – wer ein gutes Produkt hat, das  in Südafrika billiger hergestellt werden kann und aus Preisgründen keine Chance auf dem  namibischen Markt hätte, hat die Möglichkeit, diesen Schutz für ein paar Jahre zu  beantragen. Dann darf nur noch eine geringere Menge eines Konkurrenzproduktes aus dem  übermächtigen Südafrika eingeführt werden. Beispiele – Huhn, Nudeln, Recycelte  Plastikwaren, Milchprodukte. 
  4. EPA – Abkommen mit der EU, vormals Lome-Abkommen, auch neu verhandelt mit  Großbritannien. Was in Namibia produziert wird, kommt ohne Zölle nach Europa und Groß  Britannien. Das Abkommen hat Schwächen, weil es im südlich-afrikanischen Verband  abgesegnet wurde. Südafrika nimmt dort eine übermächtige Stellung ein und kann sich  selbst Vorteile verschaffen. Dennoch bleibt die Zollfreiheit gewährleistet. 
  5. NTF – Um 2015 herum beauftragt das Handelsministerium das Namibia Trade Forum, eine  „Retail Charter“ zu erstellen, so dass mehr namibische Produkte auf die Regale der  südafrikanischen Supermarktketten kommen. Sie macht kleine, positive Schritte, auch wenn  nicht alle Supermärkte mitziehen. 
  6. Die namibische Regierung scheint verstanden zu haben, dass ihr die grassierende Korruption  geschadet hat und sie sie aktiver bekämpfen muss. 
  7. 2021 – wir scheinen das Schlimmste überwunden zu haben, wer es bis hierher geschafft hat,  kann wahrscheinlich überleben.  

    Erste neue Geschäfte und Straßenrestaurants eröffnen in der Windhoeker Independence  Avenue. Der Tourismus beginnt, sich zu erholen. Ausländische Besucher haben zum Teil  volle Taschen, wir beobachten bei ihnen eine Abkehr von der Sparsamkeit.  

    Es sieht ganz danach aus, als habe sich die Regierung überzeugen lassen, NEEEB, eine große  Bedrohung für die Wirtschaft und auch für Namibias internationales Ansehen, in seiner  jetzigen Form fahren zu lassen.  

    Da sie das Gesetz aber so lange und so offensiv propagiert hat, wird sie eine Alternative  finden müssen, bei der sie nicht das Gesicht verliert.  

    Ich vertrete persönlich die Ansicht, dass auch von Seiten des vormals privilegierten  Geschäftssektors (das Wort „Weiß“ lasse ich aus Gründen der political correctness weg) ein  Angebot kommen muss, etwas, das WIR tun können, auch als FORUM, um die  Einkommensunterschiede verringern zu helfen. Hier wird unser Ideenreichtum gefragt sein. 

    Falls NEEEB in seiner jetzigen Form oder ganz gestrichen wird, wird voraussichtlich auch  NIPA (das fehlerhafte Investitionsgesetz) wieder abgeändert werden, es ist auch bisher nicht  in Kraft. Das wäre ein guter Schub fürs FDI (direct Foreign Investment).

Weitere gute Nachrichten sind …

  1. Mieten sind gesunken, sowohl für Wohnungen und Häuser, als auch für Geschäfte und  Werkstätten, man kann jetzt viel besser verhandeln. 

    Vereinzelt gibt es Namibier, die aus dem Home Office für internationale Tech-Firmen  arbeiten.  

    Der Online Handel nimmt jetzt wirklich Fahrt auf, er wird stark von der neuen  Handelsministerin Lucia Iipumbu gefördert. 
     
  2. Die Welt ist flexibel geworden, jetzt kann erfolgreich sein, wer Out of the Box denkt und  Einfallsreichtum beweist.

Schlussfolgerung:  Wir haben Chancen, nutzen wir sie.