Im Versailler Friedensvertrag wurde 1919 Südwestafrika vom Genfer Völkerbund der Südafrikanischen Union als Mandatsgebiet zugesprochen. Innerhalb von elf Monaten war damit das gerade erst weniger als ein Jahrzehnt vorher mit so ungeheuren Opfern an Blut und Gut befriedete deutsche Schutzgebiet wieder verlorengegangen.
Oberstleutnant Ludwig v. Estorff, der ebenso wie eine Reihe anderer Schutztruppenoffiziere in den Großen Aufständen dem afrikanischen Gegner Respekt und Verständnis nie versagt und die Einpferchung der gefangenen Herero und Nama in gesundheitswidrige Lager wiederholt als Schande angeprangert hatte, sah in dem so raschen Verlust des Schutzgebietes einen Fingerzeig Gottes.
„Solche Versündigung [an dem unterlegenen afrikanischen Gegner in DSWA] bestraft sich schwer. Sie entsprang aus Unverstand und Lieblosigkeit, an denen fast die ganze Kolonialistenbevölkerung teilhatte, und sie hat sich schwer an uns gerächt. Wir hat die Kolonie rasch im Großen Krieg verloren. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher.“
Ludwig v. Estorff
Er glaubte, dass der Verlust Südwests nur die gerechte Strafe für die Sünden gewesen sei, die von der Masse der Deutschen in der Kolonie an dem unterlegenen afrikanischen Gegner begangen worden sei. „Solche Versündigung“, so schrieb er, „bestraft sich schwer. Sie entsprang aus Unverstand und Lieblosigkeit, an denen fast die ganze Kolonialistenbevölkerung teilhatte, und sie hat sich schwer an uns gerächt. Wir hat die Kolonie rasch im Großen Krieg verloren. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher.“
aus Walter Nuhn, „Feind überall“, Seite 278
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Must watch: Das weiße Band
Zum tieferen Verständnis der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland vor Beginn des Ersten Weltkriegs – und die erwähnte „Lieblosigkeit“ der ersten Siedler – sei dringendst der Film „Das weiße Band“ empfohlen – sogar abrufbar auf Netflix. Der Film des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 2009 über den sittenstrengen Protestantismus somewhere in Norddeutschland um 1900 verdeutlicht die bedrückende, teils traumatisierende soziale und zwischenmenschliche Klima der damaligen Zeit, das selbst im engen Familienkreis von Unterdrückung und Verachtung, Misshandlung und Missbrauch sowie Frustration und emotionaler Distanz geprägt ist.“ Lang ist’s nicht her.