Sam-Nujoma-Denkmal vor dem Independence Memorial Museum in Windhoek: Statue Nujomas hält Kopie der Verfassung Namibias in der Hand | 2022 – FORUM | CC BY-SA 4.0

Die namibische Verfassung wurde von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen erarbeitet, einschließlich Vertretern der SWAPO und der DTA. Einige dieser Personen bekleiden bis heute hohe Ämter. Unsere Verfassung ermöglichte das Abhalten demokratischer Wahlen, aus denen die SWAPO als Sieger hervorging. Die Verfassung steht über allen Gesetzen; sie definiert das Namibia, in dem wir leben. Jetzt steht sie unter massiven Druck.

Das Forum Deutschsprachiger Namibier verurteilt und ist tief beunruhigt über die Gesetzesvorlage des Parlamentsabgeordneten Jerry Ekandjo, die vorsieht, dass im Ausland geschlossene Ehen gleichgeschlechtlicher Paare nicht in Namibia anerkannt werden sollen – dies, obwohl das Verfassungsgericht zuvor entschieden hatte, das namibische Innenministerium müsse eine solche Ehe mit allen damit verbundenen Rechten anerkennen. Ferner sieht der Gesetzentwurf weitere Einschränkungen der Rechte homosexueller und transsexueller Minderheiten vor.

Das Forum vertritt die Ansicht, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und dass jede Person den gleichen Respekt und die gleiche Würde verdient. Genau dies sieht nicht nur die namibische Verfassung, sondern auch die UNO vor. Namibia hat die Charta der Vereinten Nationen über internationale Menschenrechte unterzeichnet, deren fünf wichtigste Säulen Fairness, Respekt, Gleichstellung, Würde und Autonomie sind. Letzere gibt Menschen in der freien Welt die Möglichkeit, eigenständig Entscheidungen zu treffen und Kontrolle über das eigene Leben auszuüben.

Vielleicht sind sich die namibischen Parlamentarier gar nicht der Möglichkeit bewusst, dass auch ihre Familienmitglieder homosexuell sein könnten, es aber vorziehen, diesen Teil ihres Privatlebens nicht öffentlich zu machen. Vertreter der Oppositionsparteien, die dem Gesetzentwurf des Abgeordneten Jerry Ekandjo lautstark zustimmten und bejubelten, könnten eines Tages selbst unter Druck geraten. Denn diejenigen, die heute sogar zu einer Abänderung der Verfassung aufrufen, die die Unabhängigkeit der Justiz in Frage stellen, könnten in Zukunft eben jenes Recht verlieren.

Die Rechte von Minderheiten sind Menschenrechte. In Namibia gibt es mehrere Minderheitsgruppen, die sich nicht als gleichberechtigt innerhalb der Gesellschaft ansehen. Es ist unsere Pflicht als Bürger, diese Minderheiten zu schützen. Entscheiden wir uns dagegen, verlassen wir den Kreis der demokratischen Staaten in der freien Welt.

Wir meinen, Demokratie ist mehr als nur das Regieren einer Mehrheit. Sie gründet sich auf moralische Werte wie Ehrlichkeit, Respekt, Verantwortungsbewusstsein, Mitgefühl und Verzeihen. Wahre Moral hat nichts mit der Einschränkung privater Lebensentwürfe einvernehmlich handelnder Erwachsener zu schaffen.

Der Gesetzentwurf des Parlamentsabgeordneten Jerry Ekandjo ist für niemanden von Vorteil. Gleichzeitig schränkt er die Lebensentwürfe einer kleinen Minderheit von Namibiern stark ein. Er wird einige unbeabsichtigte Konsequenzen mit sich bringen, falls er wirklich verabschiedet wird – und das Forum deutschsprachiger Namibier hofft inständig, dass dies nicht der Fall sein möge. Das internationale Ansehen unseres Landes würde großen Schaden nehmen.

Gleichzeitig würde ein solches Gesetz Auslandsinvestitionen und den Tourismus beschränken, und es würde der Abwanderung junger, gebildeter Fachkräfte Vorschub leisten, die lieber in einem toleranteren Land leben möchten, als in Namibia.

Das Forum Deutschsprachiger Namibier hält den Ekandjo-Gesetzentwurf für einen Ausdruck persönlichen Hasses und grundloser Vorurteile namibischer Parlamentarier. Wir bitten Präsident Geingob eindringlich, ihm nicht zuzustimmen

Benita Herma, FORUM Vizevorsitzende

  • vom 18. Juli 2023
  • FORUM-Vorstand: H. Hecht (1. Vorsitz), B. Herma (2. Vorsitz), M. Nambelela, C. von Blottnitz, R. von Hase, H. Schneider-Waterberg, M. von Wietersheim